3. Der Erlöser – oder Umkehrung des Denkens

Bevor wir bereit sind, die einzige Rolle im Traum von Raum und Zeit zu übernehmen, die unser würdig ist, bedarf es einiger Vorbereitung:

Ein Erlöser muss wissen, wovon die Erlösung gebraucht wird. Jemand, der glaubt, es sei wundervoll, in dieser Welt zu leben, ist als Erlöser noch nicht brauchbar. Er muss erst lernen, dass in dieser Welt zu leben die Hölle ist – und nicht der HIMMEL – denn erst dann ist ihm klar, dass hier ein Erlöser gebraucht wird.

In einer Welt, in der es Täter und Opfer zu geben scheint, scheint Mitgefühl für die Opfer eher angebracht zu sein als für die Täter. Dies rührt daher, dass in der Welt der Glaube an Schuld und Sünde hochgehalten und verteidigt wird. So ist denn ein Täter für alles erforderlich, was uns Schmerz zu bereiten scheint.

Ein Erlöser aber hat gelernt, dass Täter und Opfer zusammengehören. Sein Mitgefühl gilt beiden, denn beide folgen einem falschen Denksystem: Der Täter glaubt, dass ihm etwas fehlt, das er sich vom Opfer holen könnte. Und das Opfer glaubt, dass es verletzt, bedroht, beraubt etc. werden kann und leidet an diesem Glauben. Beide glauben, in dieser Welt zu leben, in der es Angst, Gefahr und Tod gibt – und dies ist wahrhaft die Hölle.
Ein Erlöser wird also auch voll Mitgefühl für jeden Bruder sein, der ihn oder andere Brüder verletzt, kränkt oder verspottet. Denn er weiß, welch großem inneren Schmerz ein solches Verhalten nur entspringen kann. Und somit weiß er auch, dass dieser Bruder nach Erlösung ruft, nicht nach Strafe.

Die Wahrnehmung eines Erlösers verändert sich also zwangsläufig: Er sieht zwar noch immer Verletzungen, Kränkungen, Schmerz und Leiden – doch hat sich sein Mitgefühl auch auf die jeweiligen Verursacher ausgedehnt, da er weiß, dass sie mit den Opfern eins sind. Somit ist der Fehler, dass Opfer und Täter getrennt sind, berichtigt worden.

Ein Erlöser muss auch lernen, dass Wahrnehmung immer nur einem Gesetz folgt: Was du innen fühlst, das wirst du außen suchen und finden.
Wer zum Beispiel glaubt, in einem Körper zu leben, in einer Welt mit vielen anderen Körpern, hat seinen Geist angewiesen, nach Sünde und Schuld zu suchen. Und das ist dann auch, was er zu sehen glaubt.

Diese zentrale Ausrichtung verleiht dem, was wir sehen, Beständigkeit. Aus diesem Grunde scheint es für uns so schwierig zu sein, etwas zu ändern. Denn soviel wir uns auch bemühen – solange wir uns der zentralen Ausrichtung unserer Wahrnehmung nicht bewusst sind, kann sich nichts ändern.
Ein Erlöser aber hat gelernt, diese zentrale Ausrichtung seiner Wahrnehmung zu ändern. Er hat seinen Geist angewiesen, nach Heiligkeit und Unschuld Ausschau zu halten – und dies ist nun auch, was er findet.

Sind all diese Dinge einmal gelernt, haben wir vielleicht das Gefühl, dass wir schon bereit sind, unsere letzte Rolle zu übernehmen – doch wartet noch eine Lektion auf uns, die wir nicht erwartet haben:
Vielleicht glauben wir immer noch, ein Erlöser hätte andere zu erlösen – beziehungsweise es gäbe dann ihn und Erlöste. Doch dem ist nicht so! Jetzt wird alles umgedreht:

Jetzt muss er noch lernen, jeden Bruder als seinen Erlöser anzusehen,
der ihm nur dabei behilflich ist, alle Illusionen,
die immer noch in seinem Geist gehegt werden, aufzugeben.

Nun hat er seine Rolle erst wahrlich angenommen – und mit ihm auch alle seine Brüder. Jeder hat jetzt dieselbe Rolle, denn für einen Erlöser sind alle Brüder Erlöser – alle sind eins – und grenzenlose Dankbarkeit erfüllt ihn, da seine Einsamkeit nun für alle Zeit vorbei ist.

Nun ist die Welt mit ihm gemeinsam erlöst – da alle nur mehr eine Funktion hier erfüllen, da alle ihre letzte Rolle hier spielen, bevor schließlich Erde und HIMMEL eins werden, da Erlöser und Erlöste eins geworden sind.

Dank sei den Erlösern der Welt.
Sie sind vom HIMMEL gesandt –
und wo sie sind, da ist auch der HIMMEL nicht mehr weit.