6. Der Traum von Raum und Zeit

So beharrlich hast du die Wahrheit verleugnet, dass du statt des HIMMELS nun eine gigantische Kulisse für wahr hältst. Eine vollkommene Illusion ist alles, was dir bewusst ist, wenn du glaubst, dich auf der Ebene von Raum und Zeit zu befinden.
Du bist wie im Schlaf, doch schläft ein Geist niemals. Und was er im Schlaf zu sehen glaubt, existiert nicht, es ist nur ein Traum. Der Versuch, den HIMMEL zu verleugnen, hat dir tiefste Dunkelheit beschert.

Doch als Lichtwesen möchtest du nicht völlig im Dunkeln sein. Deshalb hast du ein künstliches Licht erfunden, das dich jedoch nur Bilder sehen lässt, nicht die WIRKLICHKEIT!

Es ist, als ob du als Zuschauer vor einer monumentalen Kinoleinwand sitzt und einen Film betrachtest. Und ohne dass du es bemerkst, lebst du bald in dem ganzen Filmgeschehen mit. Du identifizierst dich sogar so sehr mit einer bestimmten Filmfigur, dass du alles andere vollkommen vergisst.

Du gehst in deiner Filmrolle völlig auf wie ein perfekter Schauspieler, und bald glaubst du, diese Rolle wäre dein wirkliches Leben. Alles andere hast du vergessen, nichts außerhalb des Filmes existiert mehr für dich.

Auf diese Weise hast du dich gleich drei Mal von der WIRKLICHKEIT abgeschnitten:

  • Das erste Mal, als es um dich dunkel wurde.
  • Das zweite Mal, als du die Bilder, die das schwach flimmernde Licht auf die Leinwand zauberte, für die Wirklichkeit hieltest.
  • Und schließlich das dritte Mal, als du begannst, dich mit einer bestimmten Figur in dem Film zu identifizieren.

Als Mitwirkender in diesem Film hast du natürlich auch vergessen, dass der Film bereits fertig abgedreht sein muss, sonst könntest du ihn jetzt nicht betrachten.
Die Trennung von der WIRKLICHKEIT scheint dir nun tatsächlich ganz und gar geglückt zu sein, denn eine Rückkehr in den HIMMEL ist jetzt für dich undenkbar.

Du müsstest nun eigentlich glücklich sein, denn dein Wunsch, dich vom HIMMEL zu trennen und deine eigene Wirklichkeit zu schaffen, hat sich erfüllt. Doch wie sehr du auch das Glück in dem Film suchst, du kannst es nicht finden.

Manchmal glaubst du, es gefunden zu haben, doch bald ist es wieder dahin. So ergeht es dir immer und immer wieder. Du hegst eine kleine Hoffnung, doch wird sie schon bald enttäuscht. Du glaubst, das Glück in einer anderen Filmfigur zu finden oder in einer anderen Rolle. Du strebst nach Zielen, die in diesem Film als wertvoll gelten. Doch jedes Mal Fehlanzeige.

Irgendwann beginnst du, die Sinnhaftigkeit des Filmgeschehens in Frage zu stellen. Du bemerkst, dass die Handlungen zu nichts führen; sie scheinen völlig willkürlich zu sein, ein befriedigendes Ende ist nicht absehbar.

Dir fällt auf, dass der ganze Film im Grunde nur eine Aneinanderreihung sich immer wiederholender Passagen ist. Figuren tauchen auf, nur um bald wieder zu verschwinden. Dann erscheinen neue Figuren, aber auch diese verschwinden nach einem kurzen, mehr oder weniger glücklichen Intermezzo auf Nimmerwiedersehen… und so weiter… und so
fort.

Wenn es einmal soweit ist, dass dir deine Rolle im Film so skurril und wahnsinnig erscheint, dass du keine Lust mehr hast, sie weiterzuspielen, dann wirst du wollen, dass ein Ende des Films absehbar wird.

Dies ist ein entscheidender Schritt:

  • Jetzt bist du offen für die Information, dass du weit mehr bist als die kleine Figur in dem Film.
  • Jetzt erfährst du, dass du auch Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann und Produzent – ja dass du sogar das gesamte Filmteam und alle Schauspieler bist.

Wie anders sieht für dich nun alles aus! Wie sehr hat sich doch dein Denken gewandelt!

Wie konnte das geschehen? Woher kommen diese Gedanken, die so anders sind als alle Gedanken, die du früher für deine hieltest?

Es scheint dich inzwischen ein anderer GEIST zu inspirieren als der, den du bisher in dir wahrgenommen hast. EINER, der dir eine neue Sicht ermöglicht:

  • ER bringt dich in eine andere Position. Du bist nicht mehr das Opfer. Der Film ist nicht mehr dein Schicksal.
  • ER bringt dich auf die Idee, dass du das Filmgeschehen auch anders verwenden kannst als bisher.
  • ER offenbart dir das Geheimnis, wie alles zu einem guten Ende gebracht werden kann. Die Rolle, die du in dem Film bisher gespielt hast, erfährt eine ungeahnte Verwandlung.


Dies ist deine Drehbuchanweisung für deine letzte Filmszene. Sie heißt „Der Traum der Vergebung“. Es ist die Art von Vergebung, wie der Kurs sie lehrt:

Du spielst nun eine neue Rolle, in der es nicht mehr um die Filmgeschichten geht:
So beharrlich, wie du bisher auf den Film konzentriert warst, ist es nun deine Aufgabe, dich beständig daran zu erinnern, dass alles, was hier zu geschehen scheint, nur ein Film ist – und nicht die Wirklichkeit. Dass die Rollen, die jeder hier spielt, nur Filmrollen sind – und nicht das wirkliche Leben. Dass hier alles nur Illusion ist – auch wenn es noch so real erscheint.

Erinnere dich, dass nichts, was hier zu geschehen scheint, jemals wirklich passiert ist. Alles nur wundervolle Schauspielkunst.
Sag auch allen, die es hören möchten, dass sie ihrer alten Rollen entbunden sind und frei – so wie auch du es bist, und dass jede schreckliche Szene in dem Film nur erfunden war, ebenso wie alle schönen Szenen.

Dadurch dass du dies tust, erinnerst du dich selbst und auch deine Mitspieler wieder an die Wirklichkeit. Und so kann der HIMMEL wieder vor euren Augen erstehen in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit.

Du wirst wieder wissen, was du wirklich bist! Du wirst wieder wissen, was alle anderen wirklich sind, die ihre Filmrollen ebenso perfekt gespielt haben, wie du selbst.
Da du dich nun erinnerst, dass du hier nur in einem Traum bist, dämmert in deinem Geiste auch die ERINNERUNG an das, was vor diesem Traum war.

Und diese ERINNERUNG ist jetzt alles, was du wirklich willst. Denn du erinnerst dich daran, wie schön es dort war – wie wundervoll die Umgebung, und wie sehr du jene liebtest, die mit dir dort waren! *)

Mit dieser ERINNERUNG endet der Film. Und wegen dieser ERINNERUNG bist du nun endgültig bereit, wieder aus deinem Traum zu erwachen:

So dämmert der HIMMEL wieder in deinem Gewahrsein.
Der Traum von Raum und Zeit ist vorbei.
Und der Geist erwacht wieder zur EWIGEN WIRKLICHKEIT.
Dank sei dir, der du den Mut hast, die ganze Illusion zu verleugnen.

 

*) Eine wundervolle Beschreibung dieser ERINNERUNG findest du im Textbuch des Kurses:
Kapitel 21, 1. Abschnitt „Der vergessene Gesang“, Absätze 6 – 8, Seite 447 – 448