23. In Richtung Erlösung

Wenn ein kleiner Vogel vom Boden weg auf den Wipfel eines hohen Baumes fliegen will, dann fliegt er zuerst auf einen der unteren Äste und dann immer höher hinauf – bis er schließlich oben anlangt.
So ähnlich ergeht es uns, wenn wir uns einmal dafür entschieden haben, den spirituellen Weg einzuschlagen. Wir würden am liebsten gleich auf die höchste Spitze hinauffliegen, doch müssen wir einmal mit dem untersten Ast anfangen. Wir erleben dann, dass schon das Gefühl, vom Boden weggekommen zu sein, großartig ist. Ebenso finden wir, dass die Höhe für uns erst gewöhnungsbedürftig ist. Wir fangen an zu verstehen, dass ein langsames Vorgehen für uns durchaus von Vorteil ist.
Zwar sind wir von unserem Wesen her grenzenlos, doch ist es anfänglich für uns sehr hilfreich, wenn wir Grenzen und Ziele haben, die wir erreichen können.

Auf dem Weg zur Erlösung ist manchmal ein Überblick ganz hilfreich, der uns ungefähr zeigt, wo wir uns gerade befinden. Im Folgenden einige Anhaltspunkte:

Wenn wir uns umschauen und Gutes und Böses sehen, wenn wir das Böse ablehnen und das Gute anstreben, dann glauben wir, wir könnten das Böse loswerden, indem wir uns davon distanzieren oder es bekämpfen – wenn es sein muss, es sogar töten.
Der Ort, an dem alles Böse schließlich landen wird – so meinen wir – sei die Hölle. Und der Herrscher der Hölle, der auch alle Bösen beherrscht, sei der Satan, der Teufel.
Wir glauben, dass das Gute und das Böse im Kampf stehen, und sind nicht ganz sicher, wer schließlich den Sieg davontragen wird. Wir glauben, das Gute verteidigen und gegen das Böse kämpfen zu müssen. Der Schauplatz dieses Kampfes, dieser Schlacht, ist die Welt der Körper – und Körper sind es auch, die sich gegenseitig bekämpfen. Das geistige Wesen aller Dinge wird hier noch überhaupt nicht begriffen.

Der Vogel sitzt noch am Boden.

Sind wir endlich vom ständigen Kämpfen müde, suchen wir nach einem Ausweg. Wir bemerken aber auch, dass wir ratlos sind und alleine nicht weiterwissen. Wir brauchen Hilfe! Bitte!
Der Kurs bietet uns einen HELFER an, den HEILIGEN GEIST. Mit SEINER Hilfe lernen wir jetzt, die Dinge anders zu sehen.

Der Vogel beschließt, vom Boden abzuheben!

Wenn wir den HEILIGEN GEIST um Rat bitten, werden wir erfahren, dass unser Glaube an Gut und Böse insgesamt eine große Illusion ist. ER sagt, dass wir träumen. Wir jedoch glauben, dass dieser Traum die Wirklichkeit ist.
Bisher war unser Ratgeber das Ego, das beteuert, dass dieser Traum wirklich sei und dass es nichts anderes gebe.
Wir können in der Tat diesem uns so realistisch anmutenden Traum nicht allein entfliehen, doch der HEILIGE GEIST gehört nicht zu diesem Traum. ER reicht aus der Wirklichkeit in unseren Traum, um uns den Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit zu lehren, damit wir die Möglichkeit bekommen, zwischen den beiden zu wählen.
ER verurteilt unseren Traum nicht, da ER weiß, dass es nur ein Traum ist. ER bietet uns nur an, SEINE Sicht von allem mit IHM zu teilen:
Nun schauen wir gemeinsam mit IHM hinter Gut und Böse und sehen, dass hinter beiden nur die LIEBE wartet.

Der Vogel beginnt von Ast zu Ast immer höher hinauf zu fliegen.

Wenn wir beginnen, diese neue Sichtweise zu üben, kann es passieren, dass wir Schwierigkeiten bekommen. Schließlich versuchen wir ja, unsere Sicht von uns selbst und der Welt aufzugeben, und wir lassen uns auf das Wagnis ein, nur noch die Liebe zu sehen. Wir fangen allmählich an zu begreifen, dass alles, was wir bis jetzt gesehen haben – so wie wir es gesehen haben – nichts ist! Andererseits können wir das, was uns mit Sicherheit erwartet, noch nicht wirklich sehen.

Der Vogel ist nun schon hoch über dem Boden, doch der Wipfel scheint noch unerreichbar.

Wir erleben jetzt, dass wir Angst haben, das, was wir kennen, endgültig aufzugeben, weil wir fürchten, dass es sonst nichts gibt! Wir scheinen auf aussichtslosem Posten zu stehen. Das Ego tobt und kreischt und droht – aber seltsamerweise bemerken wir, dass wir eigentlich ziemlich ruhig sind:
Wir haben – wenn auch noch sehr vage – begonnen, das ganze Spektakel des Ego zu durchschauen. Es ist bloße Einbildung, nur eine Fata Morgana, also eigentlich nichts!

Der ganze HIMMEL kommt uns hier zu Hilfe! Und mit SEINER Unterstützung gelingt es uns, dieses Nichts nicht länger für etwas Reales zu halten.

Aber wie ist der HIMMEL uns zu Hilfe gekommen?
Folgendes ist geschehen: Durch den Kurs haben wir detaillierte Anweisungen erhalten, wie wir in solch einer verzweifelten Situation denken können – und da wir diese Gedanken tatsächlich angewendet haben, kamen wir an einen Wendepunkt. Es sind dies folgende Gedanken:

„Wenigstens kann ich entscheiden, dass ich nicht mag, was ich gerade jetzt empfinde.“

„Und ich hoffe deshalb, dass ich unrecht hatte.“ *)

Unrecht womit? – Mit meiner alten Sichtweise!

Vielleicht gibt es eine andere Weise, dies anzusehen.“

„Was kann ich dabei verlieren, wenn ich frage?“ *)

Damit ist unser Geist bereit, die Wahrheit anzunehmen statt Illusionen – den Traum der Vergebung statt des Traums von Gut und Böse. Und dieser Traum der Vergebung führt uns endlich auch in den Bereich, der hinter allen Träumen auf uns wartet:
Es sind die Schätze des HIMMELS, die vor unseren sich öffnenden Augen auftauchen, um für immer unser zu sein:

Das EWIGE LEBEN, der FRIEDE, die FREUDE,
vollkommene Sicherheit und Geborgenheit.

Dies sind die wundervollen Schätze, die den GOTTESSOHN hier erwarten.
Wie erleichternd ist es doch, dass wir unrecht hatten – und GOTT recht!

Der Traum ist vorbei – und die WIRKLICHKEIT hat uns endlich wieder!

Der Vogel kann nun den Wipfel des Baumes deutlich sehen. Er ist in unmittelbarer Nähe angelangt und fühlt sich nun – so hoch in der Luft – genauso sicher wie am Boden.

 

Siehe dazu auch: Handbuch für Lehrer, 4. Abschnitt – 1.A „Die Entwicklung des Vertrauens“ S.10+11.
*) Textbuch, Kapitel 30, I. Abschnitt „Entscheidungsregeln“ S.628ff
;