26. Die große Einladung

Jeder, der glaubt in dieser Welt der Gegensätze, der zahllosen Probleme und der ständigen Veränderung zu leben, hat etwas Entscheidendes vergessen:
 Dass er selbst es war, der wollte, dass sie zu ihm komme! Er hat diese Welt zu sich eingeladen!
 Wenn er sich nun in dieser komplexen Welt verliert und einsieht, dass er Hilfe braucht, muss er eine andere Einladung aussprechen. Und dies ist, was der Kurs ihn lehren möchte.

Wer mit dem Kurs zu arbeiten beginnt, lernt, die WAHRHEIT in sein Leben einzuladen. Anfänglich ist diese Einladung auf einzelne spezielle Situationen beschränkt:
 Jemand weiß ganz ehrlich keine Lösung für ein Problem, das er gerade sieht, und bittet daher die WAHRHEIT herein, um ihm zu helfen. Und die WAHRHEIT kommt! SIE hat so lange nicht kommen können, als er geglaubt hatte, dass er seine Probleme alleine lösen könnte. Doch mit der Einsicht, dass er das nicht kann, folgt SIE freudig seiner ehrlichen Einladung – und ein winziges Stückchen Klarheit und Einfachheit ist in seine sonst so komplexe und undurchschaubare Welt gekommen.
 Und das genügt! Die WAHRHEIT hat einen neuen Schüler gefunden!

So beginnt ein neuer Weg, ein neues Leben. Während er auf diesem Wege fortschreitet, wird die Bereitschaft des Schülers größer, eher die WAHRHEIT um IHRE Sicht zu bitten als sich selbst mit den Problemen, die er wahrnimmt, herumzuschlagen. Mit jeder neuerlichen Einladung wird dem Schüler klarer, dass es klüger ist, seinen LEHRER zu fragen,  bevor  er etwas tut. Bisher war seine Gewohnheit eher gewesen, einfach zu agieren, und erst wenn Probleme auftauchten, erinnerte er sich seines LEHRERS.
 Jetzt wird eine neue Etappe auf seinem Weg eingeleitet: Zuerst fragen, dann tun.

Dieser Teil des Weges ist schon erheblich leichter als der vorige, doch immer noch kommt es vor, dass der Schüler vergisst zu fragen – und einfach tut. Seine eigene Aktivität schlägt ihm noch so manches Schnippchen, seine eigenen Ideen bringen ihn immer wieder in ein sonst bereits ungewohntes Schlamassel. Der Weg erscheint ihm erneut anstrengend und mühsam. Manchmal schwebt er in ungeahnten Höhen, doch scheinbar ohne Grund fällt er in Abgründe, wie er sie noch nie zuvor erlebt hatte. Seine gesamte Situation kommt ihm allmählich auswegloser vor als früher. Und es ist gerade diese Ausweglosigkeit, die ihn erneut veranlasst, sich an seinen LEHRER zu wenden.
 Die Einladung wird erneut ausgesprochen, doch ist sie diesmal weitreichender. Der Schüler hat nämlich erkannt, dass er viel mehr auf seinen LEHRER angewiesen ist, als er bisher geglaubt hatte. Er ist nun bereit, IHM größere Bereiche seines Lebens zu übergeben, denn für sich allein fühlt er sich immer hilfloser.

Dieses Mal erlebt er die STIMME ganz anders als früher – viel näher, und so, als wäre SIE nicht etwas anderes, sondern Teil von ihm selbst. Eine unfassbare Ruhe kehrt in ihn ein, und er hat zum ersten Mal das Gefühl, dass er wohl nicht umhin kommen würde, sein gesamtes Leben der WAHRHEIT zu übergeben.
 Und ebenso erstmalig erhascht er auch eine Ahnung, dass sich dies für ihn lohnen könnte! – Er würde sich um überhaupt nichts mehr kümmern müssen, er bräuchte keinerlei Pläne mehr zu schmieden, sobald er sich dazu entschließen könnte, diese große, bedingungslose Einladung auszusprechen.
 Aber er zögert noch, er überlegt noch, ob er so ein Risiko tatsächlich eingehen könnte.

Könnte er sich erlauben, von sich aus wirklich nichts zu tun und nur darauf zu warten, was die WAHRHEIT, sein wundervoller LEHRER, ihm zu tun auftragen würde?
 Wie würde die Welt auf sein Verhalten reagieren? Was würde er verlieren? Was?
 Er weiß es nicht, und so hofft er, dass die WAHRHEIT ihm bald Antwort darauf geben würde.

Und die Antwort kommt, aber anders als sonst: Auf einmal wird er der Unruhe gewahr, welche diese Überlegungen mit sich bringen. Es dämmert ihm allmählich, dass es diese Unruhe ist, die er verlieren würde. Jedoch ist es gerade diese Unruhe, die er sich manchmal wünschte – ja, die er geradezu brauchte!

Ist sie doch der Kick, der ihn bis jetzt immer angetrieben hatte, der sein Leben scheinbar interessant und lebenswert gemacht hatte!
 Wird er bereit sein, dies aufzugeben? Würde sein Leben nicht langweilig und fad werden ohne all das? Was bliebe ihm dann noch?

Diese Unruhe beherrscht nun eine Zeit lang sein Leben. So hoffnungsfroh der Schüler vorher oft war, so verzweifelt ist er jetzt manchmal. Er spürt, dass er weiß, was er tun müsste, doch gleichzeitig bemerkt er auch, dass er noch nicht dazu bereit ist.
 Wann würde er endlich so weit sein?
 Und er bemüht sich, gibt seiner Meinung nach sein Bestes, doch sein Weg erscheint ihm mühsamer und hoffnungsloser denn je. Jetzt nämlich wüsste er, was er zu tun hätte – aber er tut es nicht! Und diese Situation ist besonders schmerzlich.

Es kommt ihm vor, als hätte er keinen Zugang mehr zu seinem LEHRER. Die WAHRHEIT scheint ihn vergessen zu haben. Es geht weder vor noch zurück!
 So wenig sich der Schüler erklären kann, wieso er nicht erhört wird, so klar ist es vom Standpunkt der WAHRHEIT aus:
 Da SIE nicht eingeladen ist, kann SIE nicht kommen. Da die Unruhe der RUHE vorgezogen wird, welche die WAHRHEIT unvermeidlich bringen würde, muss SIE warten.

Und wieder ist es eine kleine, vielleicht sogar etwas unwillige Einladung, die dem Schüler aus der Patsche hilft. Diese genügt, dass die WAHRHEIT freudig kommen kann:
 Er spürt SIE wieder, diese unbeschreibliche RUHE, DIE er ja schon kennengelernt hatte. Er nimmt wahr, wie sie sein ganzes Inneres, ja sein ganzes Sein erfüllt.
 Er erkennt, dass diese RUHE wertvoller ist als alles andere – tatsächlich alles andere!
 Die Unruhe musste er in letzter Zeit oft genug erleben – er hat jetzt genug davon!

Seine Bereitschaft, die letzte große Einladung an die WAHRHEIT auszusprechen, ist erheblich gewachsen. Er macht sich nicht einmal mehr Gedanken, wie denn das gehen sollte. Er weiß einfach nur, dass SIE ihm nun wirklich willkommen ist.
 Alles weitere überlässt er einfach IHR.

Diese einfache Entscheidung –  alles seinem LEHRER zu überlassen, ist der Schlüssel!
 Nun ist das Tor weit offen – und die WAHRHEIT kann in all IHRER Herrlichkeit kommen.

SIE bringt die RUHE mit, die nunmehr alles beherrscht. Die Sicherheit seines Zweckes und seines Auftrages hier wird ihm unmissverständlich klar. Alle Unsicherheit darüber, was er tun sollte, ob das, was er tun wollte oder getan hatte, auch richtig war – diese ewige innere Unruhe, derer er sich meist nicht einmal bewusst gewesen war – das alles ist weg. Einfach verschwunden. Unfassbar!

In dieser RUHE wird für ihn alles wahr, was er sonst nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
 Er begreift, dass diese RUHE von dem herkommt, was der Kurs Vergebung nennt. Alle Unruhe, Ungewissheit und Unsicherheit war von Nicht-Vergebung gekommen. Also hat ihm tatsächlich die wahre Vergebung die Erlösung gebracht. Er hat den Kurs schließlich gelernt!
 Die WAHRHEIT kann ihn nun direkt lehren, da er sich IHR hingegeben hatte.

Die Lektionen, die nun folgen, sind gänzlich anderer Natur, als sie es bisher waren. Der Schüler wird nun angeleitet, die WAHRHEIT zu leben. Er lernt, dass die WAHRHEIT alles ist, was er wirklich will – und – was er in Wirklichkeit IST!
 Er erkennt jetzt:

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Und jeder, der ihn ab jetzt einlädt, lädt die WAHRHEIT SELBST ein.

Der ganze HIMMEL dankt IHM, da ER das LICHT dorthin bringt, wo Dunkelheit herrschte.
 Und ER dankt jedem, der die WAHRHEIT willkommen heißt.