4. Vergebung allen Blinden

Zu unseren Nachbarn gehört ein blindes Ehepaar. Wahrscheinlich ist es ihnen nicht bewusst, dass ihre Blindheit sie für uns zu wundervollen Lehrmeistern gemacht hat.

Obwohl sie Augen haben, können sie nicht sehen. Niemand wird sie rügen, wenn sie sich ungeschickt verhalten oder über Hindernisse stolpern, denn jeder hat eine Ahnung davon, was es bedeutet, blind zu sein.
Selbstverständlich helfen wir unseren blinden Nachbarn, wenn sie um Hilfe bitten. Wir können sie auch auf etwas aufmerksam machen, das sie sonst nicht bemerken würden, wie zum Beispiel den Termin vom Gaswerk, der auf einem Zettel angekündigt wird. Wir entfernen Hindernisse, die auf ihrem Weg liegen, denn auch wenn sie sich in ihrem Alltagsleben gewöhnlich gut zurechtfinden, bedeutet jede Veränderung in ihrer Umgebung, dass sie lernen müssen, diese Veränderung zu beachten.

Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns auf unsere blinden Nachbarn eingestellt hatten. Anfangs kam es häufiger vor, dass wir nicht an sie dachten, da es für uns so normal ist zu sehen. Doch mehr und mehr lernten wir, ihre Blindheit ganz selbstverständlich zu bedenken. Und es ist wundervoll, ihre Dankbarkeit zu spüren, weil sie bemerken, dass wir sie in unserem Leben berücksichtigen.

Auch auf unserem geistigen Weg werden wir mit Blinden zu tun haben, die zwar mit ihren Augen sehen können, aber blind sind für das, was der HEILIGE GEIST sieht, mit DEM zu sehen wir gelernt haben.
Werden wir sie deshalb verurteilen? Werden wir uns über sie ärgern oder kränken oder gar ihretwegen beleidigt sein, wenn sie sich nicht so verhalten wie Sehende? Werden wir sie stolpern lassen, wenn ein Hindernis auf ihrem Weg liegt, und sie dann ob ihres Ungeschicks auslachen und meinen, dass sie eben besser acht geben sollten? Werden wir so mit ihnen sprechen, als ob sie alles klar und deutlich sehen könnten?

An jedem Ärger, an jeder Wut, an jeder Not und an jedem Schmerz, an Rachegelüsten und Vergeltungsgedanken, an Depression und Trauer, Streit und Krieg können wir sie erkennen – die, die nicht sehen können.
Verurteilen wir sie nicht wegen ihres Gebrechens – oder weil wir denken, sie könnten ja sehen, wenn sie nur wollten.
Vergeben wir ihnen, dass sie nicht sehen können, und helfen wir ihnen. Denn sie brauchen unsere Hilfe, da wir sehen können.
Wir – das sind die Lehrer GOTTES. Wir haben zu sehen gelernt durch den HEILIGEN GEIST, DEN wir gebeten haben, mit uns zu schauen. Wir wissen, dass wir ohne IHN blind wären – denn blind waren auch wir, bevor SEINE Schau uns das LICHT gebracht hat, mit DEM wir jetzt sehen können.

Und nun verwendet der HEILIGE GEIST uns, um SEIN LICHT allen zu bringen, die noch in der Dunkelheit leben. Indem wir mit liebevollen Augen auf unsere blinden Brüder schauen, werden sie von ihrer Blindheit geheilt – und wir mit ihnen.

Nur ohne Liebe bist du blind.
Und nur die Liebe ist es, die dich wieder sehend macht.